Atelier Otto Niemeyer Holstein

Das Museum Atelier Otto Niemeyer-Holstein

Museum Atelier Otto Niemeyer-Holstein

Neben der original erhaltenen Wohn- und Arbeitsstätte des Malers und dem vom Künstler gestalteten Garten besitzt das Museum einen bedeutenden Fundus von Werken Otto Niemeyer-Holsteins, die in wechselnden Ausstellungen und in den Führungen gezeigt werden. Daneben beinhaltet die Sammlung des Malers zur zeitgenössischen Kunst einen Einblick in den Kontext seines Schaffens mit seinen Freunden und mit jungen Künstlern. Hervorzuheben sind Arbeiten der Usedomer Maler: Otto Manigk, Herbert Wegehaupt und Karen Schacht sowie Skulpturen der Bildhauer Gustav Seitz, Waldemar Grzimek, Wieland Förster und Werner Stötzer. Das Archiv des Museums bewahrt 15.000 Dokumente des schriftlichen Nachlasses von Otto Niemeyer-Holstein, welches neben Rezensionen, Fotografien, Ausstellungsverzeichnissen auch Korrespondenz und persönliche Aufzeichnungen enthält.

Otto Niemeyer-Holsteins künstlerische Entwicklung begann seit 1917 in der Auseinandersetzung mit den Strömungen und Stilrichtungen des frühen 20. Jahrhunderts. Besonders der Expressionismus und die Neue Sachlichkeit beeinflussten Otto Niemeyer-Holstein wesentlich – bis ins Spätwerk. Unmittelbaren Eindruck auf den jungen Maler, der als Autodidakt begann, übte die Begegnung mit Alexej von Jawlensky, Marianne von Werefkin und Arthur Segal im Tessin, in Ascona aus. Niemeyer-Holsteins Bilder haben Landschaft zum Thema, Meer, Menschen und Stilleben. Vor allem das Meer, das im Zusammenspiel von Licht, Wind und Wolken immer wieder neue Eindrücke und Spannungen bot, war für ihn eine Herausforderung. Ihn interessierte die Destillierung von Momenten, von Atmosphäre. Selbst bei seinen Portraits und Aktmalereien steht dies im Vordergrund. Besonders die auffallende Mannigfaltigkeit des Lichts verleiht seinen Bildern einen Reiz des Ungewissen. Es ist dieses in Farbmaterie gewandelte Licht, das Niemeyer-Holsteins Bilder zu einer ausgesprochen starken Präsenz steigert.

Otto Niemeyer-HolsteinOtto Niemeyer-Holstein

Usedomer Strand, 1964Otto Niemeyer-Holstein, Winter – Usedomer Strand, 1964, Öl auf Pappe, 49,5 x 69,5 cm

„Die Malerei Otto Niemeyer-Holsteins gewann in den fünfziger Jahren eine solche Kraft, daß sie, etwa gleichbedeutend den Werken der Dresdner Rosenhauer, Kretzschmar, Wigand und Glöckner, als ein Grundpfeiler der humanistischen Kunst in der DDR empfunden wurde.... Als eine Sonderleistung der Niemeyerschen Malerei erweist sich jenseits jeder Heimattümelei die Darstellung der Ostseeküste. In diesen Bildern hat der Maler sein Bestes gegeben. Sie zeigen Niemeyer-Holstein auf der Höhe seines Könnens. Natureindruck ist in solchen Bildern, die wie eine Hohe Schule der Malerei anmuten, vollkommen umgesetzt in Kunst. Das Motiv ist in der Sprache der Farben vergeistigt. Obgleich die Naturbeobachtung sichtbar bleibt, verliert das Objekt seine gegenständliche Direktheit zugunsten einer Aussage, in der eine feingeistige Interpretation dominiert. Diese Malerei, inspiriert von der Grenzwelt zwischen Land und Meer, weist zuvörderst auf sich selbst und erst dann auf den Gegenstand, den sie darstellt.“ (Prof. Dr. Lothar Lang in „Malerei und Grafik in Ostdeutschland“, Leipzig 2002)

Den Durchbruch erreichte Niemeyer-Holstein 1961 mit der Ausstellung eines umfassenden Werküberblicks in der Nationalgalerie in Berlin-Ost. Als 1963 die erste Biennale der Ostseeländer stattfand, wurde Niemeyer-Holstein zum Präsidenten des internationalen Komitees gewählt. Diese Funktion entsprach seiner Grundhaltung, sich für einen künstlerisch-ästhetischen Austausch zu engagieren. Hier bot sich ihm die Möglichkeit, auf internationaler Ebene zu wirken. Im Zeitraum von 1963 bis 1984 beteiligte er sich an Ausstellungen in Skandinavien, Asien, Amerika und Japan. Bedeutende Personalausstellungen fanden unter anderem in Berlin, Potsdam, Dresden, Leipzig, Erfurt, Karl-Marx-Stadt, Rostock, Zürich, Hamburg, Kiel und Ascona statt. 1964 wurde ihm der Professorentitel verliehen. Fünf Jahre später wurde er in die Akademie der Künste der DDR aufgenommen, allerdings nicht als ordentliches Mitglied, sondern als korrespondierendes. Auch die Verleihung des Nationalpreises der DDR zweiter Klasse (1974) ist dafür bezeichnend, dass Niemeyer-Holstein nicht zu den bedingungslos loyalen Künstlern gehörte. Niemeyer-Holstein hatte sich in der DDR ein Refugium geschaffen. Nicht nur in der Beharrlichkeit seiner malerischen Grundhaltung, die keine Konzessionen an staatliche Kunstaufträge zuließ, sondern auch in seinem Anwesen, seinem „Lüttenort“, das einen Freiraum für ihn, seine Familie und seine Freunde darstellte. Tatsächlich war Lüttenort immer Ort der Begegnung, des freien, produktiven Gedankenaustausches mit Künstlern und Kunstfreunden – eine geistige Oase in der DDR. Zeugnis des Freundeskreises gibt nicht zuletzt die umfangreiche Sammlung Niemeyer-Holsteins von Bildern und Plastiken bedeutender Zeitgenossen. Refugium war Lüttenort für Niemeyer-Holstein aber auch in einem weiteren Sinne. Der Künstler hatte die schmalste und unwirtschaftlichste Stelle der Insel Usedom urbar gemacht und über die Jahre eine Verschmelzung von eigenwilliger Architektur, Gartenlandschaft und Kunst entstehen lassen. In der sichtbaren Aufschichtung findet sich keine glatte Harmonie. Der Gesamtklang des Anwesens gibt die Sprödheit der Landschaft wieder, zeichnet auch ein Bild Niemeyer-Holsteins.

Museum Atelier Otto Niemeyer-Holstein

Malerei des Expressiven Realismus

Niemeyer-Holstein (1896-1984) gehörte zu einer Gruppe von Künstlern, die sich zu Beginn der 30er Jahre eher zufällig und unabhängig voneinander auf der Insel Usedom niederließen. Otto Manigk, Herbert Wegehaupt und Karen Schacht waren mit Niemeyer-Holstein diejenigen, die die spätere „Usedomer Malerschule“ bildeten. Ihre Werke, die sich vor allem mit der Landschaft Usedoms auseinandersetzen, kann man weder dem Spätimpressionismus noch dem Nachexpressionismus zurechnen. Ihre Kunst ist keinem Stil, sondern einer künstlerischen Grundhaltung verbunden, dem Expressiven Realismus: Für die Künstler dieser Generation war der Wunsch entscheidend, das Elementare und Wesentliche der von ihnen erfahrenen Wirklichkeit in ihren Bildern sichtbar zu machen. Die Subjektivität des Erlebens wurde von ihnen als Voraussetzung für die Annäherung an ein allgemeingültiges Wesen der Realität begriffen. Mit dieser existentiellen Anforderung an Kunst wird verständlich, dass die Vertreter des Expressiven Realismus ihre Malerei nicht an bestimmte Stile, Programme oder Ideologien gebunden sahen.

Die verschollene Generation

Die Vertreter des Expressiven Realismus gehören, wie die meisten der um 1900 geborenen, zu einer relativ unbekannten Generation von Künstlern. Dies sagt jedoch wenig aus über ihren künstlerischen Rang. Stattdessen ist die Ursache ihres Verschollenseins in der radikalen Unterbrechung der Kunstentwicklung durch den Nationalsozialismus zu suchen. Die jungen Künstler, die sich in der Zeit der Weimarer Republik zu etablieren begannen, waren im Nationalsozialismus verfemt. Nach dem Zweiten Weltkrieg sahen sie sich in beiden deutschen Staaten mit Kunstentwicklungen konfrontiert, die ihnen kaum Anknüpfungspunkte für eine größere Popularität boten: Für die einen waren ihre Werke nicht realistisch genug, für die anderen zu wenig abstrakt. Aber auch eine ganze Generation von Galeristen, Kunstkritikern und Kunstsammlern war verschwunden – Zeitzeugen, die die Bedeutung der expressiv-realistischen Malerei fernab eindeutig bestimmbarer Stile erkannt hatten. Erst jetzt, am Ausgang dieses Jahrhunderts, beginnt man, diese Malerei in ihrer vollen Bedeutung wiederzuentdecken.

Öffnungszeiten Sommer

(15. April bis 15. Oktober):
Neue Galerie und Garten täglich 10.00 bis 18.00 Uhr
Besichtigung von Wohnhaus und Atelier des Malers Otto Niemeyer-Holstein nur mit Führung um 11.00, 12.00, 14.00 und 15.00 Uhr, für Gruppen nach vorheriger Absprache.

Öffnungszeiten Winter

(16. Oktober bis 14. April):
Neue Galerie und Garten Mittwoch, Donnerstag, Samstag und Sonntag von 10.00 bis 16.00 Uhr
Führungen um 11.00,12.00 und 14.00 Uhr, für Gruppen nach vorheriger Absprache.